Handwerklicher und industrieller Bergbau

Die Wandtexte der Ausstellung weisen auf die Komplexität globaler Lieferketten für Gold und seltene Mineralien hin. – Scrollen Sie nach unten für zusätzliche Informationen.

Ausstellungstext

Rund 80 % der weltweit im Bergbau beschäftigten Arbeitskräfte sind im handwerklichen oder Kleinbergbau tätig. Das sind insgesamt 45 Millionen Menschen in 60 Ländern, vor allem in der südlichen Hemisphäre. Im Gegensatz dazu arbeiten 20 % der Arbeitskräfte im industriellen Bergbau. Dort werden 80 % des weltweiten Produktionsvolumens erzielt.

Speziell im Goldbergbau arbeiten weltweit schätzungsweise 10 bis 15 Millionen, kleingewerbliche Arbeitskräfte, darunter 4,5 Millionen Frauen und 600 000 Kinder. Ihre gesamte Arbeit entspricht einer Produktion von etwa 380 bis 450 Tonnen Gold pro Jahr, was 17-20 % der weltweiten Goldproduktion entspricht.

Die kleingewerbliche Schürfung kann als Vorstufe für den industriellen Bergbau dienen. Oft wird ein Abbaugebiet von Industriekonsortien aufgekauft, wenn dort rentable Erträge in der handwerklichen Schürfung beobachtet werden. Ein Grossteil der kleingewerblichen Bergleute wird so durch die grossangelegte industrielle Nutzung verdrängt. Eine ähnliche Dynamik ergibt sich auch beim Abbau anderer seltener Mineralien, die in der digitalen Industrie benötigt werden.

Vergleich zwischen handwerklichem und industriellem Bergbau

Beispiele für das von Gewalt geprägte Verhältnis zwischen industriellem und handwerklichem Bergbau finden sich in der Region um Kamituga, aber auch anderswo auf der Welt. Das folgende Beispiel stammt aus dem Norden Burkina Fasos, im Zeitraum von 2011 bis heute.

Zunächst ist es wichtig, die Unterschiede zwischen industriellem und handwerklichem Goldabbau hervorzuheben. Der handwerkliche Bergbau stützt sich oft auf manuell gegrabene Schächte. Teams arbeiten manchmal in Tag- und Nachtschichten sowohl über als auch unter der Erde, um Erze aus Schächten zu verarbeiten, die bis zu 100 Meter tief sein können. Im industriellen Bergbau hingegen wird häufig im Tagebau gearbeitet, der stärker mechanisiert ist und sicherere Arbeitsverfahren beinhaltet. Der industrielle Abbau wird von den Regierungen bei der Erteilung von Genehmigungen häufig bevorzugt, und die Genehmigungen werden zwischen den Unternehmen oft für Millionen von Dollar gehandelt. Die kleingewerblichen Bergleute und die umliegende Bevölkerung erhalten hingegen kaum oder nur relativ wenig Entschädigung für den Verlust ihrer Einkommensgrundlage. Dies ist teilweise darauf zurückzuführen ist, dass ihre Arbeit nicht offiziell anerkannt ist.

Die folgenden Bilder aus dem Norden Burkina Fasos veranschaulichen das von Gewalt geprägte Verhältnis zwischen den beiden Arten des Bergbaus. Im Mittelpunkt steht ein Ort, der als handwerkliche Mine begann und gewaltsam, aber legal, für den industriellen Bergbau beschlagnahmt wurde. Mittels zwei unterschiedlicher Perspektiven wird dieser Wandel vermittelt: 1) Fernansichten des Abbaugebiets vom nahe gelegenen «heiligen Berg», 2) Bilder des Abbaus aus der Nähe. Beide Perspektiven zeigen Aufnahmen zu verschiedenen Zeiten.

801 ASM mining
802 Open Pit Mine

Abb.1-2: Zwei Ansichten vom «heiligen Berg» aus Richtung Norden auf das Abbaugebiet. Zwischen 2012 und 2014 wurde auf dem Gelände des bisherigen kleingewerblichen Abbaus (abgekürzt mit ASM – artisanal and small scale mining) ein industrieller Tagebau errichtet.

803 ASM site view b

Abb.3: Eine Momentaufnahme desselben handwerklichen Kleinbergbaus aus dem Jahr 2011, bevor an dieser Stelle der industrielle Tagebau errichtet wurde.

804 Industrial site view

Abb.4: Eine Aufnahme desselben Geländes im Jahr 2014, als das multinationale Bergbauunternehmen den großen Tagebau aufgab, den es auf dem Gelände des kleingewerblichen Bergbau errichtet hatte. Die Grube wurde nicht saniert, sondern offen gelassen. Danach begann in der Grube der kleingewerbliche Abbau erneut. Bis ins Jahr 2021 hat sich nicht viel geändert.

Mehr Informationen zu diesem Fall auf Englisch: After the Goldrush
Mehr Informationen
über die Situation in Kamituga auf Englisch: Artisanal mining and industrial mining in Eastern DR Congo

Genderspezifische Arbeitsverhältnisse

Weltweit werden 30 bis 50 % des kleingewerblichen Bergbaus von Frauen betrieben. Es handelt sich um eine stark geschlechtsspezifische Arbeit, denn Männer und Frauen üben in der Regel unterschiedliche Tätigkeiten aus. Ausschlaggebend dafür sind bestimmte Geschlechternormen, die einen Einfluss darauf haben, wie die Arbeit bewertet wird. Einige Bergbauarbeiten werden hauptsächlich von Männern ausgeführt (z. B. das Graben unter Tage), andere von Frauen (das Goldwaschen über Tage). Frauen leisten häufig die Reproduktionsarbeit, die für die Ausübung der Tätigkeit der Bergleute notwendig ist, sei es durch bezahlte Arbeit (z. B. Verkauf von Lebensmitteln und Wasser) oder durch unbezahlte Arbeit (z. B. Betreuung der Kinder der Bergleute).

Diese verschiedenen Tätigkeiten werden im Rahmen vorherrschender patriarchalischer Normen ausgeübt. Die von Frauen ausgeübten Tätigkeiten sind unterbewertet, was auch die Gewalt gegen Frauen in und um die Bergbaugebiete fördert. Insgesamt verdienen Frauen weniger als die männlichen Arbeiter vor Ort. Und sie haben im Vergleich zu den männlichen Arbeitern eine Vielzahl zusätzlicher Aufgaben, bezahlt und unbezahlt. Wenn ihre Arbeit profitabler wird als die der Männer, kann es vorkommen, dass sie ihnen entzogen wird. Dies sind nur einige der vielen Probleme im Zusammenhang mit der Gleichstellung im Kleinbergbau.

Mehr Informationen zu geschlechtsspezifischen Arbeitsverhältnissen auf Englisch: Rosemarie Mwaipopo: Women rights and gender equality in Tanzania

Kinderarbeit

Das Thema Kinderarbeit ist schwierig, auch weil nicht geklärt ist, ob die Beteiligung von Kindern am handwerklichen Bergbau ihren Schulbesuch verhindert oder ermöglicht. Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 30 und 50 % der im handwerklichen Bergbau Beschäftigten Kinder sind. Bei den Arbeiten, die Kinder verrichten, handelt es sich meist um «Hilfsarbeiten«, die in der nicht regulierten Agrarwirtschaft üblich sind (z. B. in Familienbetrieben). In einigen Fällen werden die Kinder von ihren Eltern zu diesen Arbeiten gezwungen, in anderen Fällen schwänzen sie die Schule, um in den Minen zu arbeiten, wo sie ein wenig Geld verdienen können. Manchmal wird mit der Arbeit in den Minen auch das Schulgeld bezahlt. Einige dieser komplexen Sachverhalte werden in den unten angefügten Berichten behandelt.

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mehr zum Thema im Artikel
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Die Macherinnen und Macher von Kamituga | Digital Gold

Geographisches Institut, , Universität Zürich:
Recherchen, Interviews, 3D-Scans, Videos, Fotografien: Gabriel Kamundala, Geographisches Institut, UZH
Supervision und inhaltliche Gestaltung: Dr. Timothy Raeymaekers, Geographisches Institut, UZH,
Dr. Muriel Côte, Privatdozentin, Fachbereich Humangeographie, Universität Lund

Forschungspartner:
University of Zimbabwe
University of Ouagadougou I
Institut National des Sciences des Sociétés (Burkina Faso)
Groupe d’Etudes sur les Conflits et la Sécurité Humaine (DR CONGO)

Immersive Arts Space, Zürcher Hochschule der Künste ZHdK:
Szenografie: Mariana Vieira Gruenig
Interaction Design, 3D Experience: Chris Elvis Leisi
Spatial Augmented Reality Engineer: Florian Christoph Bruggisser
Videoschnitt, Storytelling: Alan Sahin
Tongestaltung: Patrycja Pakiela
Zusätzliche Tonaufnahmen vor Ort: Alfred Borauzima
Übersetzungen, englisches Lektorat: Alliance Riziki Murhula, Edward Wright
Synchronstimmen: Shabnam Chamani, Rino Hosennen
Cheftechniker: Sébastien Schiesser
Produktionsleitung: Kristina Jungic
Projektleitung: Prof. Christian Iseli

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